Naturnaher Fluss (FF)

Fließgewässer mit einer Breite von deutlich über 5 m (bei mittlerem Wasserstand) mit naturnaher Struktur ihres Verlaufs und Querschnitts sowie je nach Typ mehr oderweniger vielgestaltiger Morphologie (strukturreiche Prall- und Gleitufer, Kolke,
unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten, unterschiedliche Tiefen, verschiedene Substratkörnungen usw.); keine oder nur vereinzelte und kleinräumige anthropogene Strukturveränderungen (z. B. in Brückenbereichen o. ä) (Drachenfels 2011).

FFH:Flüsse, die zumindest stellenweise Pflanzengesellschaften des Ranunculion fluitantis oder eine Wasservegetation aus flutenden Moosen (v. a. Fontinalis) aufweisen, entsprechen dem LRT 3260 »Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation des Ranunculion fluitantis und Callitricho-Batrachion«. Sie werden durch das Zusatzmerkmal »f« gekennzeichnet.
Flüsse mit Gänsefuß- und Zweizahn-Gesellschaften auf trockenfallenden Schlammufern sind dem LRT 3270 »Flüsse mit Schlammbänken mit Vegetation des Chenopodion rubri p.p. und des Bidention p.p.« anzuschließen. Diese Uferbereiche sind mit NPF zu kartieren (s. 5.3). Weisen solche Flüsse zugleich eine gut ausgeprägte Wasservegetation des Ranunculion fluitantis auf, werden nur die trockenfallenden Schlammufer anteilig LRT 3270 zugeordnet, andernfalls der gesamte Flussabschnitt.
Blockreiche Oberläufe ohne derartige Vegetation sowie sehr langsam fließende bzw. aufgestaute Abschnitte der Tieflandflüsse mit für Stillgewässer typischen Pflanzengesellschaften (Teile von FFN) sind keine LRT. Naturnahe Abschnitte der Marschflüsse (FFM) mit deutlichem Tideeinfluss sind dem LRT 1130 »Ästuarien« zuzuordnen.
Schutz nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG::
Flussabschnitte mit naturnaher Struktur sind unabhängig von der Wasserqualität geschützt (naturnahe Abschnitte ab ca. 20 m Länge bei Flüssen bis 10 m Breite, ab ca. 50 m Länge bei 10 - 20 m Breite, ab ca. 100 m Länge bei breiteren Flüssen). Bei sehr großen Flüssen (insbesondere Weser und Elbe) kann sich der Schutz auch auf einzelne naturnahe Uferabschnitte beschränken (z. B. Uferabschnitte ohne Buhnenverbau oder Steinschüttung, mit Vegetation aus Weiden, Röhrichten, Zweizahngesellschaften, Uferstaudenfluren oder mit vegetationsarmen Sandbänken etc.).
Bei längeren naturnahen Flussabschnitten sind ausgebaute Teilstücke je nach ihrem Ausbaugrad und Breite des Flusses ab ca. 25-50 m Länge auszugrenzen.
Wertstufe nach Bierhals et al. (2004): alle Untereinheiten V, Regfähigkeit *
Biotoptyp Deutschland:
23.01.01 natürliches und naturnahes Rhitral
23.01.02 natürliches und naturnahes Potamal

Untereinheiten

4.7.1 Naturnaher Berglandfluss mit Grobsubstrat (FFB):

Schnell fließende Flüsse (Rhithral-Charakter) im Berg- und Hügelland mit vorherrschend grobkiesigem bzw. schotterigem Substrat (daneben z.T. auch größere Steine und Blöcke). und überwiegend gestrecktem bis geschwungenem Lauf, vielfach mit breiten Schotterbänken und Inseln.

4.7.2 Naturnaher Fluss des Berg- und Hügellands mit Feinsubstrat (FFL):

Lang-samer fließende Flüsse (vorwiegend Potamal) in weiten Tälern und Becken des Berg- und Hügellands, von Natur aus mit geschlängeltem bis mäandrie-rendem Verlauf und hoher Anteil von feinkörnigem Substrat (Ton, Schluff, Sand), daneben meist auch Stellen mit Grobsubstrat (z.B. Kiesbänke). V.a. in weiten Tälern und Becken des Berg- und Hügellands. Bei ausreichender Be-sonnung flutende Wasserpflanzen-Gesellschaften des Ranunculion fluitantis.

4.7.3 Naturnaher Geestfluss mit Kiessubstrat (FFG):

Kleinere Flüsse mit hoher bis mäßiger Fließgeschwindigkeit (Rhithral-Charakter) in den Geestgebieten (v.a. Lüneburger Heide); vorherrschend kiesiges bis sandiges Substrat, Lauf geschwungen bis geschlängelt. Bei ausreichender Besonnung flutende Wasservegetation des Ranunculion fluitantis.

4.7.4 Naturnaher Tieflandfluss mit Sandsubstrat (FFS):

Kleine und große Flüsse mit geringer bis mäßiger Fließgeschwindigkeit (überwiegend Potamal), gewundenem bis mäandrierendem Verlauf und vorherrschend sandigem Substrat. Von Natur aus v.a. in Flugsand- und Talsandgebieten, sekundär auch in Grund- und Endmoränenbereichen mit von Natur aus kiesigem Flusssubstrat. Bei ausreichender Besonnung flutende Wasservegetation des Ranunculion fluitantis.

4.7.5 Naturnaher Tieflandfluss mit Feinsubstrat (FFF):

Langsam fließende Flüsse mit schlammigem (tonigem, schluffigem, lehmigem) Substrat und von Natur aus stark mäandrierendem Lauf. Bei ausreichender Besonnung Gesellschaften des Glycerio-Sparganion, Phragmition, Ranunculion fluitantis, Potamion lucentis, Nymphaeion albae u.a. Von Natur aus in Naturräumen mit Ton-, Lehm- und Lössböden, sekundär auch in anderen Bereichen. Marschflüsse zu 4.7.6.

4.7.6 Naturnaher Marschfluss (FFM):

Sehr langsam fließende Flüsse in den Mar-schen mit Süßwasser, sandig-schlickigem Grund und Tideeinfluss (bei Flut Umkehrung der Fließrichtung, heute bei den kleinen Flüssen durch Sperrwerke teilweise stark abgeschwächt, in anderen Fällen durch Vertiefung der Fahrrinnen in den anschließenden Flussabschnitten verstärkt). Wasservegetation fehlt heute weitgehend. Die Wattflächen dieser Flüsse werden gesondert erfasst (s. 4.10). Brackwasserabschnitte s. Obergruppe 3. Die Abgrenzung zwischen FFM und FFF erfolgt nach der Reichweite des Tideeinflusses und der Verbreitung von Marschböden in der Aue. Bei den überwiegend ausgebauten Unterläufen von Ems, Weser und Elbe können ggf. naturnahe Seitenarme im Bereich von Inseln als FFM kartiert werden.

4.7.7 Naturnaher Fluss mit organischem Substrat (FFO):

Überwiegend langsam fließende Moorflüsse mit Torfsubstrat bzw. organischem Schlamm (rezente Vorkommen infolge überwiegender Eintiefung in den mineralischen Untergrund fraglich). Wasservegetation ähnlich wie bei 4.7.5.

4.7.8 Fluss-Staustrecke mit naturnaher Uferstruktur (FFA):

Durch alte Querbauwerke (z.B. Mühlenwehre) aufgestaute Flussabschnitte mit naturnaher Uferstruktur und -vegetation. Bei ausreichender Besonnung nach längerem Anstau Entwicklung von Stillgewässervegetation. Die Abgrenzung endet oberstrom mit dem Beginn einer deutlichen Strömung, unterstrom unterhalb der Barriere.

(In Karte anzeigen)= Zentrieren der Karte auf den blauen Fotostandort

Naturnaher Berglandfluss mit Grobsubstrat (FFB), Sieber Naturnaher Berglandfluss mit Grobsubstrat (FFB), Sieber (In Karte anzeigen)
Naturnaher Berglandfluss mit Grobsubstrat (FFB), Oker Schladen Naturnaher Berglandfluss mit Grobsubstrat (FFB), Oker Schladen (In Karte anzeigen)
Naturnaher Tieflandfluss mit Sandsubstrat (FFS), Lachte Lachtehausen Naturnaher Tieflandfluss mit Sandsubstrat (FFS), Lachte Lachtehausen (In Karte anzeigen)

Naturnaher Marschfluss (FFM), Ollen bei Berne Naturnaher Marschfluss (FFM), Ollen bei Berne (In Karte anzeigen)
Naturnaher Tieflandfluss mit Feinsubstrat (FFF), Oker Braunschweig Naturnaher Tieflandfluss mit Feinsubstrat (FFF), Oker Braunschweig (In Karte anzeigen)
Fluss-Staustrecke mit naturnaher Uferstruktur - FFA, Innerste Sehlde Fluss-Staustrecke mit naturnaher Uferstruktur - FFA, Innerste Sehlde (In Karte anzeigen)

Kennzeichnende Pflanzenarten

Pflanzenarten (oft nur spärlich vorhanden):
- FFB: vgl. FBB (4.4.1)
- FFH: vgl. FBH (4.4.2)
- FFG: vgl. FBG (4.4.3)
- FFN: vgl. FBN (4.4.4)
- FFM: vgl. FBN und FW (3.5)

Picture

Naturnaher Berglandfluss mit Grobsubstrat (FFB), Schladen